Diese Woche findet das erste Meetup von PyLadies Karlsruhe zum Thema Machine Learning mit Python statt. Im Vorfeld haben wir den Gründerinnen Johanna Reichert (Data Scientist bei anacision) und Ellen Hoeven (Data Scientist bei IBM) fünf Fragen gestellt. Was sie geantwortet haben, können Sie in folgendem Interview lesen.
Wie seid ihr darauf gekommen, PyLadies Karlsruhe zu gründen?
Johanna: Ellen und ich haben uns auf einer Veranstaltung kennen gelernt und zufällig festgestellt, dass wir beide im Data Science Bereich arbeiten und beide die PyLadies kennen: Ellen von PyLadies Berlin und ich von PyLadies Hamburg. Wir hatten vorher schon beide länger im Hinterkopf gehabt, dass wir gerne auch hier in Karlsruhe eine PyLadies Gruppe gründen möchten, aber waren beide alleine nie dazu gekommen, es wirklich anzugehen.
Ellen: Zu zweit haben wir uns dann entschieden, diese Idee auch wirklich umzusetzen und die Gruppe zu gründen. Wir haben beide vorher sehr positive Erfahrungen mit der PyLadies Community gemacht und wollten das gerne auch hier in Karlsruhe weiterführen. Mit der Gruppe möchten wir eine Mischung aus interessanten Vorträgen, Hands-on Coding Sessions und die Möglichkeit zum Netzwerken für Python-NutzerInnen und -Interessierte im Raum Karlsruhe bieten.
Was gefällt euch an eurer Arbeit in der IT-Branche?
Ellen: Mir gefällt vor allem die Mischung aus spannenden Anwendungsfeldern und die Agilität vieler Projekte. Besonders als Data Scientist motiviert es mich zu sehen, wie unsere Lösungen in den Einsatz kommen und in verschiedensten Bereichen unterstützen. Ich mag an meinem Job auch die Kombination aus konzentrierter Denk- und Programmierarbeit sowie Teamarbeit. Und wenn eine Lösung dann funktioniert und man den Erfolg sehen kann, dann ist das einfach ein tolles Gefühl. Auch habe ich das Glück mit der IBM bei einer Firma gelandet zu sein welches ein super Arbeitsumfeld bietet und großen Wert auf Diversity legt.
Johanna: Da kann ich mich anschließen, ich war vorher in der Forschung und habe es manchmal vermisst, ein konkretes Ergebnis bzw. den Anwendungsbezug meiner Arbeit zu sehen. Jetzt motiviert es mich, bei der Entwicklung von Data Science-Produkten beteiligt zu sein, die direkt in der Praxis angewandt werden. Ich bin auch sehr froh, bei der anacision in einem tollen Arbeitsumfeld gelandet zu sein. Wir sind ein interdisziplinär aufgestelltes Team mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen wie z.B. Physik, Biologie, Wirtschaft, Mathematik und Maschinenbau – das finde ich sehr spannend und bereichernd.
Nur ca. 20 % der Mitarbeiter in der IT-Branche sind Frauen. Woran liegt das eurer Meinung nach?
Johanna: Ich denke, ganz verschiedene Gründe spielen da eine Rolle, beispielsweise gesellschaftliche Stereotypen, Selbstunterschätzung (z.B. bzgl. mathematischer/technischer Fähigkeiten) und fehlende Rollenvorbilder. Es gibt psychologische Studien, die zeigen, dass die Aktivierung stereotyper Vorstellungen wie z.B. „Frauen sind weniger gut in Mathe als Männer“ sogar direkt die Leistung von Frauen in mathematischen Aufgaben beeinflussen kann. Diese Bilder bzw. Einstellungen in unseren Köpfen haben also einen enormen Einfluss. Als ich vor einigen Jahren das erste Mal mit dem Bereich Machine Learning in Kontakt kam, dachte ich lange Zeit „diese Methoden werde ich nie verstehen, das ist viel zu mathematisch für mich“, und habe es daher zunächst auch gar nicht versucht. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich das überwunden habe und mich ‚getraut‘ habe, mich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen.
Ellen: Mir ging es da ganz lang genauso wie Johanna. Obwohl ich in meinem Studium bereits einen starken Fokus auf quantitative Methoden und Informatik hatte, dachte ich oft, ich sei nicht so gut wie meine männlichen Kommilitonen. Ich hatte das Glück, genügend Zuspruch aus meinem Umfeld zu bekommen, wodurch ich mich getraut habe, in diesen Bereich zu gehen. Ich denke, dass die IT-Branche durch den geringen Frauenanteil auch abschreckend für Frauen wirken kann - ein selbstverstärkender Effekt also. Ansonsten spielen natürlich auch fehlende Vorbilder eine Rolle. Ich finde da den Satz “you can’t be what you can’t see” ganz treffend und denke, der reflektiert das gut.
Was denkt ihr, was man tun kann, dass mehr Frauen im IT-Umfeld arbeiten?
Johanna: Ich denke es ist wichtig früh anzufangen und Kinder bspw. geschlechtsunabhängig schon früh mit technischen Spielzeugen / Programmierung etc. in Berührung zu bringen. Sobald die Anzahl von Frauen in der IT zu steigen beginnt, wird das ein selbstverstärkender Effekt werden, da sich die Bilder in unseren Köpfen (stereotype Vorstellungen von IT-Nerds und geschlechtsspezifischen Fähigkeitsunterschieden etc.) verändern werden. Ich hoffe natürlich, dass sich Initiativen wie „PyLadies“ auch positiv in diesem Bereich auswirken, gerade durch die Möglichkeit zum Vernetzen, Austausch und gemeinsamem Lernen.
Ellen: Ich kann mich da nur anschließen und denke auch, es sich lohnt früh anzufangen. Ansonsten finde ich es schön zu sehen, wie viele Initiativen es mittlerweile in diese Richtung gibt und wie viele Unternehmen sich auch sehr aktiv dafür einsetzen. Nicht zuletzt finde ich es wichtig, dass man immer mehr Vorbilder von Frauen in der IT sieht und kennt - nur so kann sich da die Denkweise wirklich nachhaltig ändern.
Wenn ihr Mentorin für eine Schülerin wärt, die sich für IT interessiert, welchen Ratschlag würdet ihr ihr geben?
Johanna, Ellen: Trau dich, es lohnt sich!
Wir danken Ellen Hoeven und Johanna Reichert für das spannende Interview.